„Topographien der Menschlichkeit: Jenseits von Lampedusa – Willkommen in Kalabrien“

Zwei Frauen. Riace 2014. Foto: Wolfgang Hermann

Die Ausstellung des Courage e. V. Berlin widmet sich den Erfahrungen, die einige kleine Orte in Kalabrien, der ärmsten Gegend Italiens, mit der Aufnahme von Flüchtlingen gemacht haben und immer noch machen.

Lampedusa. Es ist eine Chiffre geworden für das Schicksal Abertausender von Flüchtlingen, die Jahr für Jahr ihre Heimat verlassen, um in Europa Sicherheit und die Möglichkeit für ein menschenwürdiges Leben zu suchen. Krieg, Folter, Gefängnis, eine Odyssee durch Flüchtlingslager haben die meisten von ihnen hinter sich. Auf der Überfahrt in meist seeuntüchtigen Seelenverkäufern geht es ums nackte Überleben. Viele haben Menschen, darunter Kinder und Greise, sterben sehen.

Nun sicherer Boden unter den Füssen? Mit Stacheldraht eingezäunt, bewacht, ohne ausreichende sanitäre Einrichtungen warten sie zusammengepfercht unter haftähnlichen Bedingungen auf ihre unsichere Anerkennung als Flüchtlinge.

Mit dem Ausstellungsprojekt „Jenseits von Lampedusa – Willkommen in Kalabrien“ widmen wir uns den nunmehr 20-jährigen Erfahrungen, die einige kleine Orte in Kalabrien, der ärmsten Gegend Italiens, mit der Aufnahme von Flüchtlingen gemacht haben und immer noch machen. Hier kontrastiert alles mit den herkömmlichen Bildern, die wir mit Flüchtlingschicksalen verbinden. Die Unaufgeregtheit und die unerschütterbare Solidarität mit den noch Ärmeren ist das hervorstechendste Merkmal der Alltagskultur der Einheimischen. Den Satz „Wir hier wissen sehr genau, was Emigration bedeutet“ hört man allenthalben, auch von ehemaligen Gastarbeitern, die ihre Rente in der alten Heimat geniessen. Man geht klug und human an die täglichen Herausforderungen heran, idyllisch ist das gewiss nicht, aber es bleibt solidarisch, pragmatisch und bar jeglicher Hysterie.

Auf diese Weise trägt man im armen Kalabrien mutig und entschlossen zu dem größten und wertvollsten Reichtum Europas bei: einer gelebten Humanität. Wie insgesamt in der Reihe „Topographien der Menschlichkeit“, setzen wir auch in diesem Teilprojekt den Fokus auf die aufnehmenden Gesellschaften und präsentieren positive und inspirierende Beispiele. Die dramatische Zunahme der Flüchtlinge wirft nunmehr auch in Deutschland die Frage auf, wie unsere Gesellschaft damit umgehen soll und will. Die politischen Grabenkämpfe um den richti gen Weg sind in vollem Gange. Alle gesellschaft lichen Kräfte sind aufgerufen, ihren Beitrag zu leis ten zur Bewältigung dieser Grundfrage unserer Gegenwart. Es geht um das Festhalten an ethisch-moralischen Grund werten auch in schwierigeren Zeiten und um den Schutz der Seele Europas.

Foto: „Zwei Frauen. Riace 2014“ von Wolfgang Hermann

Die Ausstellung war vom 23.9. bis 3.10.2018 im IBZ zu sehen.